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Judentum Lag Ba’omer
15.05.2006 von Webmaster

Lag Ba’omer


Der 33. Tag der Omer-Zählung fällt auf den 18. Tag des Monats Ijar (16.5.2006). Dieser Tag hebt sich von den restlichen Tagen der Zählung hervor, und ist als Lag Ba’omer („Le’omer“ nennen ihn die orientalischen Juden) bekannt geworden.
Auf der Grundlage der Erzählung des Talmud (Jebamot 62, 72) über eine Seuche, die unter den Schülern des Rabbi Akiwa ausgebrochen war, wurde für die meisten Tage des Omer Trauer, insbesondere Heiratsverbot, eingeführt. Es scheint, als hänge das Ereignis mit dem Aufstand gegen Rom zusammen, an dem die Schüler des Rabbi Akiwa aktiv teilgenommen hatten. Möglicherweise errangen sie am 33. des Omer einen Sieg, und wollten ihn verewigen. Auf jeden Fall schreibt Rabbi Menachem Hame’iri im 13. Jahrhundert: „Und die seligen Gelehrten fügten an, dass das Sterben am 33. Omer aufhörte. Und daher pflegt man an diesem Tage nicht zu trauern.“

Das ist auch die Bedeutung des Brauchs der jungen Männer Israels, mit Pfeil und Bogen in die Felder hinauszuziehen, damit, wie es heißt „die Söhne Judas Bogenschießen lehren“. In Prag gab es den Brauch, einen „Wettbewerb des Laufens“ auszurichten.

Es gibt Grund anzunehmen, dass die Bräuche der Trauer in den Tagen der Zählung ihren Ursprung in den Pogromen und Verfolgungen haben, denen die Juden Deutschlands (Aschkenas) zu den Zeiten der Kreuzzüge ausgesetzt waren, und sie daher bei den spanischstämmigen Juden und den Jemeniten nicht eingeführt wurden. Bei diesen sind Haarschneiden und Heiraten aus kabbalistischen Gründen und ohne jeden Zusammenhang mit oben genannter Trauer an allen Tagen der Zählung verboten. Es wurden weitere Gründe für die Besonderheit des Lag-Ba’omer angeführt: An diesem Tag begann das Manna in der Wüste zu fallen; Rabbi Schimon bar Jochai und seine Söhne verließen die Höhle; Rabbi Schimon bar Jochai und seine vier Genossen wurden durch ihren Lehrer Rabbi Akiwa selbst zu Lehrern ernannt; Rabbi Schimon bar Jochai entdeckte die Geheimnisse der Tora, und dieser Tag war auch der Tag seines Ablebens, usw. Die Überlieferung dieses Tages als Todestag des Rabbi Schimon bar Jochai erscheint zum ersten Mal in der Kabbala des Ari, daher wurde im Buch „Chemdat Jamim“ (Freude der Tage) festgelegt, dass man an diesem Tag zu seinen Ehren lernen sollte. Es wurde ein besonderer „Tikkun“ für das Studium, vor allem in der Nacht und am Tag eingerichtet, bezeichnet als „Lernordnung für den Lag Le’omer“ oder „Hillula Raba“. Weise aus Izmir, Salonikki, Nordafrika und Babylonien redigierten verschiedene Ausgaben, und diese dienten im Laufe der Jahre auch den Mitgliedern anderer Gemeinschaften.

Was ist das Freudenfest (Hillula) in Meron?

Der Brauch des Besuches am Grab von Rabbi Schimon bar Jochai in Meron, die „Hillula“, die das Entzünden großer Holzstöße einschließt, begann vermutlich erst
in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Über die Umstände und die Zeit streiten sich die Forscher. Einige führten dort die Sühnegebete zur Beschleunigung der Erlösung aus, Andere suchten auf Grund der Überlieferung von der Entdeckung der Geheimnisse der Tora durch Rabbi Schimon bar Jochai an diesem Tag, dem Tag seines Ablebens, nach mystischer Erleuchtung und der Aufdeckung von Geheimnissen. Doch die Tänze der Mustarvim (Juden, die im auslaufenden Mittelalter aus den orientalischen Ländern nach Israel eingewandert waren), die zur Entweihung des Heiligen führten, riefen bei Rabbi Josef Karo und seinem Rabbinatsgericht heftigen Protest hervor, und sie wollten die Feierlichkeiten streichen. Möglicherweise waren die Feierlichkeiten ausschließlich eine Tradition der Juden von Zefat, und erst ab Mitte des 18. Jahrhunderts gibt es Zeugnisse, die auf die Teilnahme von Bewohnern aus ganz Erez Israel hinweisen.

Das Lied „Bar Jochai“ und ähnliche werden aus tiefer seelischer Verzückung heraus gesungen. Aus weiten Fernen kam man zur „Ziara“ (Besuch des heiligen Grabes), um an der Freude der Hillula teilzuhaben. In verschiedenen Reiseberichten werden die Tänze, welche das „Erzünden“ – das Anzünden der Holzhaufen – in Meron begleiteten, und die Atmosphäre der Begeisterung und Freude beschrieben. Es ging sogar so weit, dass Schmuckgegenstände ins Feuer geworfen wurden. Viele unserer Weisen wurden genötigt, diesen Brauch aus halachischer (gesetzlicher) Sicht zu behandeln. Ein Teil war dafür, ein Teil war dagegen. Es gab auch Gelehrte, die sich der Hilulla überhaupt widersetzten (z.B. der Chatam Sofer und „Rai“ Chasan, Schreiber des „Chikre Lev“ (Erforschung des Herzens). In zahlreichen Gemeinden wie Kurdistan, Jemen und Babylonien war von dem Brauch der Erzündung am Lag Ba’omer nichts bekannt.

Zu den frühen Morgenstunden findet die sogenannte „Chalaka“, das heißt der erste Haarschnitt der Kinder (drei Jahre alt) in der Nähe des Grabes des Rabbi Schimon bar Jochai statt, „und man belässt die Ecken, wie es das Gebot ist“.
In einer in Jerusalem aufgefundenen Handschrift findet sich das „Stolze Gebet zur Kopfrasur junger Männer“. Das Schneiden der Haare, das die Mustarvim noch vor der Zeit des Ari pflegten, galt als Gunst für ein langes Leben, und selbst die Araber übernahmen es.

Einige legen „Zettelchen“ auf eine Ablage, die sich an der Grabstelle des Rabbi Schimon bar Jochai befindet. Einige der Großen des Chassidismus machten ihn zu einem echten Feiertag und richteten einen „Tisch“ aus, wie sie es zu den Feiertagen zu tun pflegten, oder schlossen das Studium des „Sohar“ ab und feierten wie am Fest der Torafreude. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts pflegten die spanischstämmigen Juden in Zefat am Vorabend des Lag Ba’omer mit viel Gesang und Tanz unter einem geschmückten Baldachin eine Torarolle nach Meron zu bringen. Im heutigen Israel pflegt man, vor allem unter Jugendlichen, überall im Land große Lagerfeuer zu entzünden.

Im Laufe der Generationen wurden verschiedene Traditionen entwickelt, um die Verbindung zwischen dem großen Lehrer Moses und Rabbi Schimon bar Jochai und seiner Geschichte herzustellen. Der 7. Adar (nach der Überlieferung Geburts- und Todestag von Moses) fällt stets auf den selben Wochentag wie Lag Ba’omer (der Todestag von Rabbi Shimon Bar Jochai), und auf den selben Tag fällt auch der vierte Tag des Laubhüttenfestes, der Tag, an dem Moses in der Laubhütte (Sukka) zu Gast ist.

Bräuche der verschiedenen Gemeinschaften

Marokko – hier pflegte man die „Hillula des Rabbi Schimon“ zu veranstalten.
In der Synagoge verkaufte man Kerzen oder Ölbecher zum Andenken an Rabbi Shimon bar Jochai und zum Andenken an Rabbi Meir Ba’al Haness, und zum Andenken an die Tanna’im, Amora’im und Rabbiner, die in Marokko begraben sind.

Djerba - Am 33. und am 34. Omer wurde auf der Insel, an einem für die Juden heiligen Ort, eine allgemeine Hillula abgehalten „Algariba“ (abgeleitet von dem Wort Ger (Fremder), d.h. der von einem anderen Ort kam). Die Heiligkeit des „Algariba“ bezieht sich auf einen Stein aus dem Tempel, der in einem Gebäude am Ort eingefügt ist. Die Hillula konzentrierte sich um eine große siebenarmige Menora (Leuchter) – die Menora des Rabbi Schimon bar Jochai – die aus Silber gefertigt und mit Gold eingelegt war.
Die Menora wurde in einem Wagen von Personen transportiert, die sich jeweils das Recht für einen bestimmten Wegabschnitt erkauft hatten. Sie wurde in private Häuser gebracht, wo Zeremonien mit Gesang und Tanz ausgeführt wurden.

Babylonien – hier wurde eine Hillula Zeremonie veranstaltet und das „Sefer Hillula Raba“ (das große Buch der Hilula) gelesen.

Persien – Die Juden Persiens pflegten in Zeiten schwerer Krankheit einen Schwur zu leisten: Wenn der Kranke dank Rabbi Schimon Bar Jochai wieder zu Kräften kommen würde, würde am Tag seiner Hillula - Lag Ba’omer – ein Mahl zu Ehren Rabbi Schimon Bar Jochais gegeben.

Unter den Juden von Aschkenas (Deutschland) wurden die Trauertage zwischen Pessach und dem 33. Omer mit den Pogromen des Jahres 1096 verknüpft, als zur Zeit des ersten Kreuzzuges ganze jüdische Gemeinden entlang des Rheins (darunter: die Gemeinden von Köln, Speyer, Worms, Mainz und andere) vernichtet wurden. Daher galten die Trauerbräuche zum Andenken an diese heiligen Märtyrer. Lag Ba’omer bezeichnet die Unterbrechung der Trauertage. In zahlreichen Gemeinden wurde die Trauer auch darüber hinaus fortgesetzt.
(Quelle: „Fünfzig Jahre Staat Israel“ von Joel Rappel)


aus: „Newsletter der Botschaft des Staates Israel - Berlin“ vom Montag, 15. Mai 2006


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